Wie äussert sich suchtunterstützendes Verhalten?
Schwachen helfen, jemandem helfen, der in der Krise ist – das sind zunächst einmal Verhaltensweisen, die wertvollsind, gesellschaftlich gutgeheißen und erwünscht. Doch die Hilfe, die Angehörige ihren süchtigen Familienmitgliedern zukommen lassen, führt oft dazu, dass sie unwissentlich das süchtige Verhalten des Betroffenen unterstützen. Da es sich zunächst um intuitiv richtiges Verhalten handelt, ist für die Angehörigen schwer zu erkennen, dass sie genau Gegenteiliges bewirken.
Angehörige Frauen versuchen, nach außen Entschuldigungen und Erklärungen für das Verhalten des Abhängigen zu finden. So entschuldigen sie zum Beispiel das Fehlen bei der Arbeit, sein seltsames Benehmen, seine Unzuverlässigkeit und sein nachlassendes Interesse an Freundschaften etc. Damit übernehmen sie bereits Verantwortung für den Süchtigen und bewahren ihn so oft vor den Konsequenzen seines Verhaltens. Frauen, die mit einem (suchtmittel-) abhängigen Partner leben, sind in einer kraftzehrenden und manchmal aussichtslos erscheinenden Situation. Sie leben in einer Beziehung, die ihren Wünschen nach Wärme, Geborgenheit, Partnerschaft usw. in keiner Weise mehr gerecht wird.
Dennoch hoffen sie verzweifelt, eines Tages (wieder) glücklich mit ihrem Partner leben zu können, und engagieren sich mit ganzer Kraft für dieses Ziel. Andere würden sich gerne von ihrem Partner trennen, meinen aber, ihren Kindern den Vater erhalten zu müssen, oder können sich aus verschiedenen Gründen (z. B. finanzielle Probleme, Schuldgefühle, Angst vor dem Alleinsein) nicht zu diesem Schritt entschließen. Viele Frauen zögern lange. Nicht, weil sie sich scheuen, für sich selbst Hilfe anzunehmen, sondern aus Rücksicht auf ihren Partner. Sie haben Angst, ihrem Partner unrecht zu tun, ihn zu verraten. „Vielleicht ist er ja gar nicht abhängig.“ Sie wollen erst sichergehen. Aber Sucht ist vielgestaltig und in den Anfangsstadien oft nur schwer fassbar. Die einzigen verlässlichen Kriterien sind die eigenen Sorgen und Ängste.